Gertrud von Ortenberg

Mit der Namensgebung verpflichtet sich die Bürgerstiftung den Idealen der historischen Figur der Gertrud von Ortenberg, die selbstbestimmend und unabhängig ihr Leben gestaltete und regelte.

Gertrud von Ortenberg entstammte dem Ministerialengeschlecht derer von Ortenberg. Sie wurde um 1280 auf der Burg Ortenberg alsTochter des Ritters Erkenbold von Ortenberg geboren und verstarb am 23. Februar 1335 in Offenburg. An ihrem Namenstag, am 23. Februar 2014, wurde in Ortenberg die nach ihr benannte Bürgerstiftung gegründet.

Als Begine, die in außergewöhnlicher Selbständigkeit ihre Lebensform verwirklichte, war sie vielfältig tätig: Sie pflegte Kranke, kümmerte sich um Kinder und bemühte sich um die Aussöhnung von verfeindeten Personen. Zugleich regelte sie selbständig und unter beharrlicher Durchsetzung eigener Vorstellungen ihre eigenen Vermögensangelegenheiten. Ihr Wesen war gekennzeichnet durch Offenheit und Spontanität, Pragmatismus, zupackendem Handeln, psychologischer Feinfühligkeit und engagiertem Tätigsein in sozialen Problembereichen. Sie war eine regional bekannte und bedeutende Persönlichkeit und wurde nach Ihrem Tod als Lokalheilige verehrt.

Die vergessene Heilige

Kurz nach Gertruds Geburt starb ihr Vater, wenige Jahre darauf auch die Mutter. Aus beiden Ehen ihres Vaters hatte Gertrud zahlreiche Geschwister und Halbgeschwister. Von diesen wurde die kleine Waise sehr bald Bauern übergeben, die sie aufzogen; später kehrte sie auf die Burg Ortenberg zurück, wurde dort aber überaus hart behandelt. 1297/98 verheiratete man sie mit einem wohlhabenden, aber erheblich älteren Ritter Heinrich Rickeldey (Rückeldegen) von Ullenburg, den sie als einen "harten" Ehemann empfand. Nachdem Gertrud fast jedes Jahr ein Kind geboren hatte, starb ihr Mann 1301/02 noch während ihrer vierten Schwangerschaft. Gertrud, die schon früh geistige und religiöse Interessen entwickelt hatte, zog nun sofort in die naheliegende Stadt Offenburg, wo sie bei einer Begine Unterkunft fand und dort auch ihr viertes Kind gebar. Als in den Jahren danach alle ihre Kinder, die sie zum Teil bei Verwandten untergebracht hatte, gestorben waren, trat sie 1303/04 endgültig in eine Beginengemeinschaft ein, nachdem sie die Gelübde des "Dritten Ordens" der Franziskaner abgelegt hatte. Als Begine war Gertrud caritativ und auch bei hochstehenden Personen seelsorgerisch tätig.

Seit 1304 war sie eng befreundet mit Heike von Staufenberg, die nach dem Tod ihres Vaters, des Ritters Andres von Staufenberg, ihrer Familie entflohen und ebenfalls Begine geworden war. Die beiden Frauen gingen mehrfach nach Straßburg, u.a. um dort bekannte Prediger zu hören, darunter wahrscheinlich auch Meister Eckhart. 1317/18 zogen sie nach Straßburg, nachdem sie in einem von vielen Beginen bewohnten Stadtviertel ein Haus erworben hatten. Trotz der damals einsetzenden repressiven Maßnahmen gegen die Beginen (1317-1320) blieben sie dort bis 1327. Erst als ihr Haus einem Stadtbrand zum Opfer fällt, kehrten sie nach Offenburg zurück.

Gertrud wurde nach ihrem Tod 1335 auf dem Friedhof der Franziskaner beerdigt. Ihr Grab ist heute nicht mehr erhalten.